Stadt- und Ortsbild in der städtebaulichen Erneuerung
"...Ich setzte einen Leser voraus, der (...) reizvolle Aussichtspunkte liebt - und lade ihn ein, an einem frischen, angenehmen Morgen durch das Bernauer Tor die Stadt zu verlassen und dann ein paar hundert Schritt links hinanzusteigen bis zur Höhe des benachbarten Hügels. Einen Augenblick erwartet ihn, der den Weg nicht bedauern läßt. Das Auge schweift über das Weichbild der Stadt, die sich vor ihm ausbreitet (...)."(aus Tableau de Berlin...1801). Diese Formulierung "...Das Auge schweift über das Weichbild der Stadt..." und die Beschreibung einer leichtherzigen "Erkundungswanderung" stellt Thomas Wellmann seinem der Berlin-Darstellung in historischer Graphik und Malerei gewidmeten Katalog-Essay im Rahmen der Ausstellung "Stadtbilder" 1987 im Berlin Museum voran.
Gefühlte einhundert Jahre früher – noch ganz nah an dieser romantischen Betrachtungsweise – lauten die ersten Worte der Einleitung Camillo Sittes „ Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen“ (Wien 1909, 4.Aufl.): „Zu unseren schönsten Träumen gehören angenehme Reiseerinnerungen. Herrliche Städtebilder, Monumente, Plätze, schöne Fernsichten ziehen vor unserem geistigen Auge vorüber und wir schwelgen noch einmal im Genusse alles des Erhabenen oder Anmutigen, bei dem zu verweilen wir einst glücklich waren.“
Nachfolgend konfrontiert er seine Gegenwart mit Metaphern des Verlustes und der Entfremdung: „Zu verweilen! – Könnten wir das öfter wieder an diesem oder jenem Platze, an dessen Schönheit man sich nicht sattsehen kann; Gewiß, wir würden manche schwere Stunde leichteren Herzens tragen und, neu gestärkt den ewigen Kampf des Lebens weiterführen…“ Hier hört man schon beinahe eine therapeutische Empfehlung für kränkelnde Patienten heraus.
Die Forderung nach einer angemessenen Beachtung und Weiterentwicklung der Stadtgestalt und der Ortsgestalt als Stadtlandschaft oder als räumlicher und künstlicher Torso stellt gerade auch im Wandel der städtebaulichen Betrachtungsweisen und Methoden der MODERNE im latenten Spannungsfeld zwischen VERÄNDERN und BEWAHREN die heutige Planung vor eine wesentliche Bewährungsprobe, da die Lesart dieser Begriffe gerne konkurrierend statt ergänzend ist. Hermann Hesse schlägt in etwas anderem Zusammenhang geradezu "florettierend" folgende Behandlungsweise vor: „Es gibt Leute, die vom Weihrauchstreuen, und andere, die vom Niederreißen von Denkmälern leben, wir sollten beide Arten… nicht ernst nehmen.“
Exkurs: Beispiel einer Gestaltungssatzung
auf der Basis einer Ortsbildanalyse
Ganz in diesem Sinne sehen wir das Ernstnehmen früherer Beiträge zu Architektur und Stadtgestalt, die respektvolle Berücksichtigung, die Analyse und Neubewertung als einen Meilenstein in der Arbeit des Architekten und Stadtplaners. Dieser beschreitenswerte „Pfad“ und der begleitende Denkansatz haben eine wesentliche Querschnitts-Aufgabe in der städtebaulichen Planung ausgelöst, und ganz besonders in der Stadtbildplanung Qualitäten entwickelt. Recherche und Erläuterung ist heute für den öffentlichen Raum unverzichtbar geworden.
Verschiedene Instrumente zur Stadt- und Ortsbildgestaltung stehen hier kommunalen Gremien, privaten Stiftungen und den Trägern des öffentlichen Denkmalschutzes zur Verfügung. Wenn Gestaltungssatzungen über eine Quartier, ein Gebiet, eine Werkssiedlung, oder einen Ortskern Regelungen treffen, so ist dies meist Ausdruck von hohem Selbstbewußtsein und örtlichem Gestaltungswillen. Im folgenden werden Beispiele für den Beginn eines solchen Prozesses in einem Stadtkern dokumentiert .
Stadtbildanalyse für historische Stadt- und Ortskerne
1.Bestandserfassung und Einzelempfehlungen zur praktischen Durchführung der Stadtbildpflege
2.Ansichtsflächen, Wandöffnungen, Gestalt, Proportionen in der Wirkungsanalyse
3.Typologien
4.Thematische Dokumentation von typischen Details
regionale Holzbauweise
Schaufenster- und Werbeanlage der 1930er Jahre mit Einzelbuchstaben